Samantha und Sidney bei der JEM Europe in Nieuwpoort 2024
Die Jugend-Europameisterschaft der Bootsklasse Europe fand dieses Jahr vom 8. bis 14. Juli 2024 in Nieuwpoort in Belgien statt. Sidney und ich reisten bereits am 6. Juli an, um die anstehende Vermessung zu erledigen und um uns noch beim Vortraining mit der Nordsee vertraut zu machen. Dies gestaltete sich gar nicht so einfach. Trotz des vielen Windes war es uns nicht möglich, aus eigener Kraft aus dem Hafen heraus zu segeln, da die Strömung so stark war, dass man sich ohne Motor nicht von der Stelle bewegte. Deswegen wurden wir immer etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde aus dem Hafen herausgeschleppt. Nach dem ersten Tag des Vortrainings war sehr schnell klar: Die Nordsee ist nicht nur mit starker Welle und heftiger Strömung ausgestattet, sondern auch total salzig, sodass ich mir jeden Tag eine Salzkruste von Gesicht und Brille abkratzen konnte (wäre mehr als genug für ein Spiegelei gewesen). Zudem konnte man riesige blaue Quallen und Robben im Wasser begutachten. So drehte sich meine Schwester Sidney nach ihrem Heck um, als es hinter ihr plötzlich plätscherte und sah mit großem Erstaunen eine Robbe (ihr Lieblingstier seit sie denken kann und in Plüsch immer mit auf Tour) hinter ihrer Europe auftauchen, die sie ein Stückchen des Weges begleitete.
Unerwartet übernahm das deutsche Team (die Seglerinnen und Segler als Helfer an allen Stationen) die Vermessung, die insgesamt zwei Tage lang dauerte, und wir untersuchten alle Bäume der JEM-Teilnehmer und begutachteten sie. Am Abend des 9. Julis erfolgte dann die traditionelle Eröffnungsparade, bei der alle Nationen mit ihren Flaggen (dieses Jahr bei strömenden Regen) durch die Straßen von Nieuwpoort marschierten.
Der 1. Wettkampftag begann mit 5 Windstärken und angekündigten 3 Wettfahrten, bei dem die Mädchen den Innerloop absegelten. Nachdem ich nach dem Rausschleppen schon drei Mal kenterte, konnte ich überraschenderweise feststellen, dass die Nordsee erstaunliche 18° Celsius hatte. Durch die starke Strömung war besondere Vorsicht beim Start gefordert, um nicht über die Linie zu treiben. Leider musste ich in der 2. Wettfahrt feststellen, dass sich der Schäkel aus einem meiner Ausreitgurte gelöst hatte und ich somit nicht mehr richtig ausreiten konnte. In der 3. Wettfahrt frischte der Wind noch einmal auf, so dass ich auf dem Vorwind ein weiteres Mal unfreiwillig mein Boot wässerte. Auch der Strom änderte seine Richtung noch einmal, so dass ich fünf Versuche brauchte, um die Luvtonne zu passieren – immer wieder wurde man von der Strömung abgetrieben. Der Tag endete mit zwei total erschöpften Kindern und einem verlorenen Verklicker. (Der wollte scheinbar auch mal in der Nordsee baden gehen und es hat ihm so gefallen, dass er dort geblieben ist.)
Am 2. Tag war etwas weniger Wind bei 3-4 Windstärken, an dem wir den Outerloop segelten. Doch leider schien mich das Pech zu verfolgen, da mir noch vor der 1. Wettfahrt der Niederholer riss (der gespleißte Teil ist durch den Zug einfach zerfahren). Glücklicherweise konnte ich diesen wieder mit zwei halben Schlägen befestigen und mich sogar ins Mittelfeld vorsegeln.
Am 3. Tag herrschte so viel Wind und Welle, dass unser Trainer beschloss, die Mädels (insgesamt 5 Boote der deutschen Damen) im Hafen zu lassen. Sidney erwischte es noch beim Slippen und ich war sogar schon am Motorboot angebunden, quasi im Schlepp, und musste umkehren. Ein Junge des deutschen Teams war sogar im Schlepp bereits gekentert und draußen im Race-Areal standen fast 2 Meter Welle. Nicht sehr begeistert akzeptierten wir jedoch die Entscheidung unseres Trainers und nahmen zähneknirschend zwei DNCs in Kauf. An diesem Abend fand traditionell das Sailor’s Dinner, bei dem wir den Geschmack der belgischen Fritten testen durften, statt.
Am 4. Tag war die Strömung so stark, dass wir einige Startanläufe benötigten, bis wir nicht alle über die Linie getrieben wurden. Trotz der Verzögerung konnten wir unsere zwei Rennen absegeln. Im Gegensatz zu den Jungs, welche über eine Stunde brauchten, um einen vernünftigen Start zu absolvieren. Leider musste ich nach der 1. Wettfahrt feststellen, dass ich einen Baum auf Vorwind brutal gegen mein Deck geschlagen bekommen hatte, wodurch ca. 15 cm meiner Kante ab-/aufgebrochen war, genau dort, wo Oberschale und Unterschale zusammen laminiert sind. Zum Glück war der spanische Bootsbauer Paul Depoorter vor Ort, der mein Boot innerhalb einer Nacht wieder heil machte, sodass ich am letzten Tag mitsegeln konnte.
Für den letzten Wettkampftag stand noch eine Wettfahrt aus, die durch viel Sonne, Wind bei Windstärke 4 und einer sehr unglücklichen Kenterung an der vorletzten Tonne geprägt war.
Im Allgemeinen waren die Segelbedingungen für uns Schluchtensegler ungewohnt und sehr schwierig, da nicht nur der viele Wind und die hohen Wellen, sondern auch die starke Strömung zu bewältigen waren. In der Gesamtwertung dominierten vor allem die Spanierinnen. Ich konnte mich mit zwei DNCs auf den 41. Platz und Sidney auf den 43. Platz segeln. Sehr geschafft nach der anstrengenden Segelwoche kehrten wir in unsere Heimat mit ganz vielen neuen Eindrücken, Erfahrungen und viel Salz in der Europe zurück.
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– Samantha GER 1148